Seit Jahrzehnten fahre ich Zug, doch was am Wochenende vom 18.-19. März 2023 geschah, klingt fast unglaublich. Erst verfrühte sich unser Flixtrain ab Frankfurt nach Berlin um 7 Minuten (!!!), einen Tag später schaffte es selbst der ICE mit Ziel Saarbrücken, 3 Minuten zu früh das Ziel zu erreichen.
Flixtrain, Zugnostalgie mit neuen Polstern
Flixtrain ist bekannt für günstige Preise, ebenso aber auch für mangelnden Service oder stereotypem Publikum. Für unter 10 Euro sollte es am 18. März, morgens um 9:12 ab Frankfurt Süd nach Berlin gehen. Nachdem der Zug einige Minuten auf sich warten ließ, erfolgte so manche Überraschung…
Beachte immer, dass Flixtrain nur über ein kleines Netz zwischen manchen Metropolen betreibt, häufig musst Du daher den Flixbus als Zubringer nutzen.
Flixtrain spickte wohl bei Ryanair
Zunächst einmal möchte ich Dir die Tücken beim Buchungsprozess aufzeigen. Zwar wirbt Flixtrain mit einem festen Sitzplatz, das war es aber auch schon mit dem Werbeversprechen. Reist Du nämlich zu zweit, wirst Du zwangsweise auseinandergesetzt. Ich testete dies bei mehreren Buchungen, jedes Mal, obwohl der Waggon fast leer war, wirst Du zwar ortsnah, aber dennoch auseinander platziert. Die Idee, einen zusätzlichen bestimmten Sitzplatz gegen eine Gebühr anzubieten, ist erkennbar, allerdings ist dies nach der Buchung nicht mehr möglich! Du sitzt also tatsächlich mit Deinen Reisepartnern nicht zusammen und kannst selbst gegen Geld nichts daran ändern, außer mit anderen Reisenden ein nettes Tauschgespräch zu führen…
Neben einem festen Sitzplatz ist auch Handgepäck und ein großer Koffer inkludiert. Die genauen aktuell gültigen Begrenzungen erfährst Du hier.
Bahnfahren wie vor 20 Jahren
Der erste Eindruck ist sauber, hell und freundlich. Man gab sich Mühe, die betagten Waggons in einem frischen Grün zu präsentieren. Je nach Zugverbindung werden unterschiedliche Waggontypen eingesetzt. Es sind wohl ältere Interregio- oder Intercity-Wagen, die komplett optisch überholt wurden.
Auch wenn es sich um neue Sitze handelt, ist der Komfort eher funktionell, die Sitze sind hart und haben kaum Neigung. In Sachen Gepäck gibt es ganz klar einen Engpass. Neben den durchgängigen Oberkopfablageflächen, die auch für den großen Koffer genutzt werden müssen, gibt es keine Gepäckregale im Zug. Einen Bordservice gibt es trotz Pressemitteilungen zumindest im Zug von Stuttgart nach Berlin nicht. Die Toiletten und Türen sind zwar überstrichen, entsprechen aber der Technik alter DB-Waggons.
Kriminielle Trickbetrüger an Bord
Etwa eine Stunde nach Fahrtantritt wurden wir alle paar Minuten darauf hingewiesen, dass organisierte Trickbetrüger es auf unser Gepäck abgesehen hätten. Schwerpunkte laut Bundespolizei seien die Bahnhöfe Gotha und Erfurt. Als der Zug in Gotha einfuhr, waren die Fahrgäste auf die Banden eingestimmt, doch es sollte anders kommen. Karl-Dieter (84) und Irmgard-Helene Fischer (79) standen alleine auf dem Bahnsteig und stiegen in unseren Wagen ein… Die beiden wundern sich wohl noch heute, warum hunderte Leute sie so genau unter die Lupe genommen haben.
Überpünktlich!
Um 13:18 sollte der Fernzug eigentlich am Lehrter Bahnhof einfahren, tatsächlich erreichte er den Hauptbahnhof bereits 13:11. Kaum zu glauben, aber wir waren zu früh am Ziel. Vielleicht lag es ja am Anbieter…
Fazit Flixtrain
In Onlinebewertungen schafft es Flixtrain tatsächlich noch schlechter als die Bahn zu sein, häufig wird die Bahn als positiver Vergleich genannt. Tja, was soll ich sagen, “you get, what you paid for”. Wir bezahlten unter 10 Euro pro Person für die Strecke Frankfurt Süd nach Berlin Gesundbrunnen. Die 3 Euro für die Sitzplatzreservierung wären gut angelegt gewesen, wenn man bedenkt, dass später keine Reservierung mehr möglich ist. Eine weitere Parallele zu Ryanair ist auch, dass nicht in allen Städten der Hauptbahnhof angefahren wird, in Frankfurt und Mannheim steuert man Nebenbahnhöfe an. Insgesamt war der Zug sauber, billig, bei ausreichendem Service und Komfort – vor allem war der Zug aber überpünktlich!
Direktverbindung von Berlin nach Saarbrücken
Aktuell gibt es sie noch, die Direktverbindung von Berlin (mit einem ICE aus Hamburg kommend) nach Saarbrücken. Für unseren Kurztrip nach Berlin nutzen wir unsere letzten Egal-Wohin-Tickets für je 40 Euro von Edeka und kamen so in den günstigen Genuss, ohne lästigen Umstieg in Mannheim, in die Heimat zu reisen. Die separate Sitzplatzreservierung ist ein Muss, die Züge sind nach wie vor meist überfüllt. Nervig ist es dennoch, jedes Mal seinen reservierten Platz zu “erkämpfen”. Daher reisen wir bei großem Gepäck 1. Klasse, mit Handgepäck reicht da auch die 2..
Auch hier die Überraschung
Ich möchte gar nicht weiter auf eine typische ICE-Fahrt eingehen. Mit reservierten Plätzen und nahem Kofferregal ist die siebenstündige Fahrt aushaltbar. Das Wunder kam allerdings ganz zum Schluss, das erste Mal kam unser Fernzug überpünktlich am Ziel an! 3 Minuten früher als erwartet!!!
