Aktuell wird auf mehreren Nachrichtenportalen und selbst im TV über eine Monsterwelle auf Mykonos berichtet. Auch wir wurden Ende Juni Augenzeuge dieses Phänomens. Doch was hat es damit auf sich? Und können wir wirklich von einer Monsterwelle sprechen?

Mykonos gehört zu den angesagtesten Partyhotspots der Welt. Besonders für amerikanische Gäste gehört das Nachtleben dieser kleinen Insel, die zu den Kykladen gehört, zu den Life Goals. Unbestritten versprüht die Altstadt von Chora für viele den griechischen Traum. Oft und das auch zurecht, machen gerade die örtlichen Restaurants und Clubs durch systematische Abzocke von sich reden. 

Was führte uns auf Mykonos?

Im Juni war es endlich so weit. Wir kamen in den Genuss mit der mehrfach seit Jahren ausgezeichneten besten Kreuzfahrtgesellschaft der Welt, Virgin Voyages durch die Ägäis zu reisen. Als Highlights standen beispielsweise Santorini und Mykonos auf der Agenda.

Durch raue See wurde allerdings die Liegezeit von zwei Tagen auf einen Tag und eine Nacht verkürzt. Wer die Nordsee oder den Atlantik kennt, würde nun sicherlich schmunzeln. Das Problem lag aber darin, dass Mykonos leider für uns ein Tenderhafen war. Der eigentliche Kreuzfahrt- und der direkt daneben liegende Fährhafen sind so stark frequentiert, dass Schiffe mit längerer Liegezeit nur vor der Insel festmachen können. Jedenfalls waren die circa ein bis zwei Meter hohen Wellen am frühen Vormittag des zweiten Liegetages so hoch, dass nicht mehr sicher getendert werden konnte.

Strand von Agios Stefanos auf Mykonos
Unser "Liegeplatz" bevor uns die "Monsterwelle" heimsuchte.

Definition von Monsterwellen

Wie allzu oft sollten Medienberichte stets kritisch hinterfragt werden. Besonders in den letzten Jahren werfen Journalist*innen nur so um sich, wenn es um Superlativen geht. So auch in diesem Fall! Monsterwellen sind nämlich Wellen, die die signifikante Wellenhöhe um mindestens das Doppelte überschreiten… Das mag hier vielleicht auch noch zutreffen, da sich sowohl bei unserem Ereignis als auch in den Videos der Nachrichtenportale vor und nach der “Monsterwelle” ruhige See vorfand. Dass somit diese eine spezielle Welle um über das Doppelte so hoch wie die sonstigen Wellen war, dürfte da nicht so schwer fallen.

Das ist aber auch nur eine Bedingung in der Definition… Um Dich nicht weiter mit trockenen Definitionen zu langweilen, möchte ich Dir zur besseren Einschätzung noch ein paar Fakten darlegen. Im Jahre 1995 wurde der uns bekannte Oceanliner Queen Elizabeth 2 von einer der Definition entsprechenden Monsterwelle getroffen. Monsterwellen können grob gesagt bis zu 25 Meter Höhe erreichen, demnach sehr weit von der zwei bis drei Meter hohen Welle in den Videos entfernt!

Fairerweise sollte erwähnt werden, dass nicht alle Medien von Monster- oder Riesenwellen sprechen.

Was geschah am Strand von Agios Stefanos?

Am 27. Juni 2024 zog es uns nach einem langen Spaziergang durch Chora mit dem Wassertaxi zurück zum Anleger. Anstatt zurück auf die Resilient Lady zu tendern, wollten wir noch ein paar Stunden am ruhigen Strand von Agios Stefanos entspannen. Nach einigen hundert Metern Fußweg über die Landkuppe erreichten wir den kleinen nicht überlaufenden Strand.

Schnell fiel auf, dass der saubere Sandstrand nur von wenigen Touristen und Einheimischen besucht wird. Ein großer Teil des Strandes ist kostenlos und kann mit Strandtüchern genutzt werden. Als wir uns niederließen, fiel bereits auf, dass kurze Zeit zuvor eine größere Welle den Sand heimgesucht haben muss. Das Wasser war relativ warm, nur ein steifer Wind war etwas störend. Der Wind war so stark, dass ein gewisser Sandstrahleffekt auf der Haut zu spüren war.

Obwohl kaum besucht, war dieser Strandabschnitt durch einen örtlichen Lifeguard überwacht. Dieser verfügte über sämtliche Utensilien zur Rettung im Wasser.

Die soeben gebrochene "Monsterwelle".
Eine knappe Angelegenheit!

Nach einigen Minuten im ruhigen leicht welligen Wasser suchte uns der Lifeguard persönlich auf und warnte uns vor einer großen Welle, die in etwa 10 Minuten den Strand erreichen sollte! Er suchte pflichtbewusst alle einzelnen Badegäste auf und warnte diese. 

Etwas amüsiert rätselten wir über seine Aussage. Als erfahrene Hausbootskipper kennen wir diverse Apps, die je nach Abo fast minutengenau den Wellengang vorhersagen können. Wir gingen zu diesem Zeitpunkt von einer natürlichen Ursache aus.

Tatsächlich tauchte 10 Minuten später am Horizont eine höhere Welle auf. Ich persönlich sah allerdings keine Veranlassung das Wasser zu verlassen. Der Lifeguard bat uns auch nur drum, nicht weiter als 10 Meter hinauszuschwimmen. Die Welle war etwa zwei Meter hoch und überspülte den sehr flachen Sandstrand etwa zur Hälfte. 

Auffällig waren allerdings schon damals für uns die sehr schnellen Fährschiffe. Gefühlt legen alle 20 Minuten andere Schiffe oder Speedfähren im Hafen an. Manche fahren auf hoher See mit weit über 70 km/h.

Unsere Decke blieb glücklicher Weise vom Wasser verschont. Sarkastisch behauptete ich, dies habe ich beim Golfspielen gelernt, schließlich sollte das Grün richtig gelesen werden.

Ohne weiteren Gesprächsbedarf verließen wir einige Zeit später den Strand und gingen zu Fuß zurück zum Hafen.

Wie zu sehen, erreichte die Welle soeben bis auf wenige Meter die Strandmauer.

Was ist in den Videos zu sehen?

Schnell fällt auf, wir waren am selben Strand! Selbst die Resilient Lady lag wieder an selbiger Stelle vor Mykonos. Der Strand war allerdings ein wenig besser besucht als bei uns. Ereignet haben soll sich dieser Vorfall am letzten Sonntag. Veröffentlicht wurde der Beitrag von NTV am 24. Juli, somit müsste sich dies am 21. Juli zugetragen haben. Merkwürdig allerdings, dass die Resilient Lady sonntags bereits wieder im Hafen von Piräus lag. Gewöhnlich liegt die Resilient Lady nämlich freitags und samstags vor Mykonos.

Abgesehen dieses kleineren Fauxpas ist eine ähnlich große Welle wie bei unserem Besuch zu sehen. Dieses Mal reichte es aber wohl, die gesamte Strandfläche zu überspülen. Wie im Video zu sehen, werden Strandtücher und Taschen weggespült. Man sieht Menschen herumlaufen und Kinder kichern.

Das Video wurde ursprünglich von Takis Papadakos auf Facebook veröffentlicht und wird gerade in deutschen Medien mit ähnlichen Beschreibungen verbreitet.

Was war die Ursache und welche Folgen hatte dies?

Die Folgen kannst Du Dir selbst im Video anschauen. Neben nassen Strandutensilien soll es leider wohl auch zwei Verletzte gegeben haben. Dabei gab es wohl einige Rippenbrüche.

Die Ursache soll allerdings nicht natürlicher Herkunft sein. Gerade durch die Vorbeifahrten, wenn auch im Abstand von mehreren hundert Metern, der Fährschiffe werden diese höheren Wellen verursacht. Dies passt auch zu unserem Erlebnis. Der Lifeguard sah die entsprechende Fähre vorbeirauschen und warnte dementsprechend die Strandgäste.

Im Video auf wetter.de wird die Fähre “Andros” der Gesellschaft “Fast Ferries” als Verursacher genannt. Laut wetter.de wurde der Kapitän festgenommen.

Unsere Sicht der Dinge

Wir brauchen hier keinen Fake-Check durchzuführen. Dass die Bilder real sind und dass sich solche Wellen regelmäßig ereignen, sollte außer Frage stehen. Allerdings sollten sich gerade renommierte Medien an gängige Standards in der Berichterstattung halten.

Dass der falsche Tag des Ereignisses genannt wurde, mag nun sehr kleinlich wirken, vor allem, da diese Wellen regelmäßig auftreten. Von Monster- oder Riesenwellen zu sprechen, ist da schon sehr reißerisch und entspricht einfach nicht der Realität! Wer regelmäßig Strandurlaube macht, kennt bestimmt deutlich höhere Wellen. Dass durch dieses Ereignis zwei Menschen verletzt wurden, ist nicht schön, kann aber überall und jederzeit passieren. 

Hoffen wir, dass wir dauerhaft wieder einen Weg weg vom Sensationsjournalismus Richtung seriöser Berichterstattung finden!

Die "Monsterwelle" beim Rückzug.