Auf halben Weg nach Washington D.C.

Nachdem wir gerade Philadelphia hinter uns gelassen haben, ging es gegen Nachmittag in Richtung Baltimore. Knapp mehr als 100 Meilen mussten noch mit unserem winzigen Asiaten bewältigt werden. Google Maps veranschlagte hierfür circa zwei Stunden Fahrtzeit über die I-95 S.

Dem Sonnenuntergang entgegen fuhren wir über breite Straßen in die 600.000 Einwohner große Hafenmetropole. Nach Sonnenuntergang passierten wir die Stadtgrenze. Eine klassische amerikanische Großstadt mit armen Außenbezirken und einer von Wolkenkratzern gesäumten Skyline inmitten des Ganzen. Es schien gar, als würde die Innenstadt mit ihren Wolkenkratzern, wie eine Burg über allem thronen.

Nach etlichen hundert Meilen von Queens über Manhattan, mit einem längeren Zwischenstopp in Philadelphia, sollte Baltimore der perfekte Nachtstopp sein, um am nächsten Tag über Washington D.C. nach Atlantic City zu gelangen.

Klar könnte man überall auch länger stoppen, doch amerikanische Städte sind meist ziemlich ähnlich aufgebaut. Kulturell und geschichtlich stehen sie meist um Welten europäischen Städten hinterher. Also eigentlich ideal für einen Roadtrip. Durch das Internet kann man sich zuvor super über die Highlights informieren. Wobei Philadelphia durchaus als etwas Besonderes bezeichnet werden könnte.

Der erste Eindruck

Kaum in den Randbezirken angekommen, versuchten wir, einen Supermarkt zu finden. Die lange Fahrt war schließlich sehr anstrengend. Lieber fahre ich mit Vollgas die Strecke Hamburg – Saarlouis als 100 Meilen monotoner 65 MPH-Fahrt. Das niedrige Tempolimit verleitet nämlich dazu, sehr schnell abgelenkt zu sein. Leider schloss vor unserer Nase der letzte Supermarkt, ein ALDI.

Inner Harbor - Baltimore

Also fuhren wir Richtung Innenstadt, immer den Hochhäusern entgegen. Bereits auf diesem Weg fiel uns sehr schnell auf, dass kaum jemand auf der Straße war. Defekte Straßeneinrichtungen, zugenagelte Häuser und abmontierte Räder versprachen eine noch spannende Weiterfahrt.

Unser Hotel

Wenige Meilen später erreichten wir unser Hotel, das 3-Sterne Hotel Sleep Inn & Suites Downtown. Ein gutes Stadthotel mit großen Zimmern und Frühstück für knapp $ 100 die Nacht. Der bewachte Parkplatz daneben kostete circa $ 15. Zwar gab es direkt vor der Tür dutzende freie kostenlose Parkplätze, doch in den USA sollte man nach Möglichkeit eine Überwachung bevorzugen. 

Kaum eingecheckt ging es am späten Abend auf Nahrungssuche. Gewöhnlich sucht man ein gutes Restaurant, doch dies stellte sich sehr schnell als sehr schwierig raus. Alles war bereits geschlossen. Selbst im malerischen Hafen, der mich doch ein wenig an Monaco erinnerte, nicht wegen der Gebäude, eher vom Flair, gab es nichts mehr. Also Plan B, eine Tankstelle suchen. Irgendwo in einem Außenbezirk fanden wir auch eine BP. Ich tankte gerade auch noch. Bereits während des Tankens bemerkte ich, hier stimmt irgendwas nicht. Auch wenn eine Hautfarbe nichts mit der Gewaltbereitschaft oder Kriminalität zu tun hat, fiel mir auf, dass kein weißer im Umfeld war. Es war wohl ein übliches Ghetto mit Banden. Auffällige Bekleidung, das Verhalten und auch die aggressive Musik verstärkten den Eindruck. Nachdem ich im Inneren der Tankstelle war, bestätigte sich mein Eindruck. Hinter etwa 15cm dicken Glas und einer 15x15cm großen Luke saß eine Dame, die das Geld entgegennahm. Das ganze Warensortiment befand sich ebenfalls dahinter. Nichts wie raus und weg hier!

Sleep Inn & Suites Downtown
Baltimore

Da der Abend bereits fortgeschritten war und vor Ort eh schon alles geschlossen hatte, legten wir uns in unser Boxspringbett.

Baltimore bei Tag

Am nächsten Morgen frühstückten wir und fuhren bei Tageslicht erneut in die City. Leider war die Stadt nicht so Auto freundlich, wie man erwarten sollte. Parkplätze zu finden war sehr schwierig. Die wenigen kosteten enorm viel. Nichts desto trotz fuhren wir zum Inner Harbor. Unter anderem befindet sich dort auch die ankernde USS Constellation, das Maryland Science Center, das National Aquarium oder das Seven-Foot Knoll Lighthouse. Über die Uferpromenade, der Waterfront Promenade gelangt man problemlos überall hin.

Waterfront Promenade
Montgomery Street

Besonders empfehlenswert ist der Aufstieg zum Federal Hill Park. Dieser auf einem Hügel gelegene Park gibt ein sehr schönes Panorama über den gesamten Hafen. Passt jedoch auf, fast überall sind Anwohnerparkplätze. Die Nebenstraßen spiegeln typischen aus amerikanischen Filmen bekannten Straßen wider. Natürlich hat auch diese Metropole noch einiges mehr zu bieten, doch die Zeit rannte. Schließlich war noch ein Stopp in Washington geplant, bevor es abends an den Atlantik gehen sollte.

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An großen Stadien und Industrieanlagen vorbei verließen wir eine der bedeutendsten Hafenstädte der USA. Gerade als Saarlouiser war es sehr schade, die doch baulich sehr ähnliche Festung, Fort Mc Henry nicht besucht haben zu können.

Die späte Aufklärung

Bereits während unseren Aufenthaltes hatten wir gemischte Gefühle. Baltimore war nicht greifbar, wir einen gewöhnlichen Touristen auch eher unbekannt und dennoch irgendwie markant. Ganz unbekannt ist Baltimore uns allen nicht. Kinofilme, wie der Staatsfeind Nummer 1, Schlaflos in Seattle oder auch die Serie House of Cards wurde ganz oder teilweise dort gedreht.

M&T Bank Stadium
Baltimore Reise
Blick vom Federal Hill Park

Einige Wochen, lang nach unserer Reise, sah ich per Zufall eine Dokumentation über Baltimore. Dabei wurde gesagt, Baltimore wäre die gefährlichste Stadt der USA, noch vor Detroit! Nach wenigen Recherchen fand ich auch einige Zahlen hierzu. Auf mehreren seriösen Nachrichtenseiten spricht man makaber von circa einem Mord pro Stunde. Real gesehen ist die Mordrate hingegen sogar rückläufig. Waren es im schlimmsten Jahr über 350 Morddelikte, waren es 2011 sogar „nur“ 196 Tote. Somit der niedrigste Stand seit 1978. Ein weiteres Problem ist die rückläufige Einwohnerzahl. Waren es vor 70 Jahren noch knapp eine Million Einwohner, sind es inzwischen nur noch knapp über 600.000 Einwohner. Die Metropolregion hingegen wächst auf inzwischen drei Millionen Einwohner.

Muss man wieder hin? Nicht wirklich, es ist eine „normale“ Großstadt mit Seehafen. Hat man jedoch die Möglichkeit oder Notwendigkeit in der Gegend vorbeizuschauen, kann man es ruhig tun. Pass eben nur auf Dich auf!

In Kürze folgen die weiteren Etappen!