Eigentlich war für den Sommer 2018 ein Griechenlandurlaub geplant. Die große Fernreise sollte nämlich erst im November stattfinden. Per Zufall entdeckte ich auf mydealz.de das unglaubliche Schnäppchen von 300,- € nach Los Angeles. Da der luxembourger Flughafen gerade einmal 70 km von zu Hause entfernt war, testete ich einfach mal, was die Flugsuchmaschine von dieser Anpassung hält und zack war der Urlaub gebucht! Knapp über 300,- € pro Person, was soll man da noch überlegen?!

Interessanter als der Preis selbst, war mit Sicherheit die Fluggesellschaft. Klar kannte man die weiß-roten Flugzeuge aus irgendwelchen Filmen, doch wirklich in Berührung kam ich bei über 70 Flügen noch nie. Googelt man ein wenig, merkt man schnell, hier reden wir von keiner 0815-Airline. Virgin ist vor allem für Musik bekannt. Aber auch für Weltraumreisen, Weltumrundungen oder Onlineshops steht diese Marke.

Ein weiteres Plus ist der Einsatz einer Boeing 789 Dreamliner auf der Strecke LHR – LAX. Einfach ein klasse Flugzeug, es ist einfach etwas anderes als mit einem Airbus A320 beengt zum Mittelmeer zu sprinten. Natürlich kann man noch luxuriöser reisen, aber dazu kann ich in diesem Fall keine eigenen Eindrücke teilen. Diverse Foren befassen sich allerdings zuhauf mit der Upper Class. Wenn alles passt, werden auch wir 2019 unsere erste Reise in der First Class eines Dreamliners antreten. Du wirst auf jeden Fall auf dem Laufenden gehalten!

Billig oder Lifestyle?

So richtig schlau wurde ich aus dieser Fragestellung ehrlich gesagt nicht. Immer wieder liest man, virgin atlantic sei eine Billigfluglinie, klar unser Preis war unschlagbar. Gerade einmal ein wenig mehr als 300,- € pro Person hin und zurück – da kann man schon mal von Billigfluglinie sprechen. Doch wie passt das zum teuren Zubringerflug mit British Airways? Allein dieser kostet einzeln knapp schon die Hälfte. Bei Eurowings gibt es ähnliche Angebote, doch dann fehlt meist das Gepäck.

Weder beim Einstieg in Luxembourg noch in Heathrow hatten wir den Eindruck von Billigfluglinie. Es erinnert eher an alte Hollywoodfilme mit PAN AM. Das Bodenpersonal verkörperte eindeutig noch die alte Schule. Fast schon zu aufdringlich, ist man die heutige Discountmentalität gewohnt.

Ok, unser Flug war echt günstig, wir zahlten noch 70,- € mehr, da wir bestimmte Sitze haben wollten, das sei aber seit kurzem sogar inklusive. Aber selbst die knapp 400,- € sind für L.A. immer noch um Längen unschlagbar. Gewöhnlich gibt es dorthin Flüge ab circa 700,- € und da müsste ich noch an weit entfernte Airports fahren. Wir buchten im Januar, bereits kurz drauf explodierten auf Dauer die Preise, unsere Sitze kosteten dann knapp 6000,- €! Und wie ich in der Sitzplatzauswahl ablesen konnte, war es noch lang nicht ausverkauft. Der Preis sank auch nicht mehr…

virgin atlantic bietet auch auf der eigenen Webseite günstige Angebote an. Nach einigen Wochen explodierten aber auch hier auf Dauer die Preise. Der Irrglaube, virgin atlantic sei eine Billigfluggesellschaft kommt wohl von dem Umstand, dass Virgin auch in den USA eine eigene Fluggesellschaft unter dem Namen Virgin America betreibt. Und hier reden wir wirklich von einem Billiganbieter.

Dennoch zweifelte ich...

Auch nach dem Einstieg konnte ich keine Antwort finden. Ein moderner gepflegter Dreamliner mit stylischem Interieur. Man muss bedenken, dass etwa die Hälfte des Flugzeuges für die beiden oberen Klassen vorgesehen ist. Der Pöbel, zu dem wir hier gehörten konnte aber auch entspannt reisen. Persönlich finde ich den Dreamliner als eines der angenehmsten Flugzeuge. Mir fehlt leider immer noch der Vergleich mit einer 747 oder einem A380. 

Man merkt direkt, dass virgin nicht nur für Flugzeuge bekannt ist. Das kostenlose Entertainmentprogramm überzeugte vor allem bei der Musikauswahl, was hätte man auch anderes erwarten können, wenn die Schwesterfirma, Virgin Records schon seit Jahrzehnten für Furore sorgt. Auch eine gewisse Auswahl an deutschen relativ aktuellen Filmen stand zur Auswahl. Das kostenpflichtige WLAN hingegen funktionierte nicht. Es gibt mehrere Möglichkeiten mit unterschiedlichen Pässen, das Internet an Bord zu nutzen, doch keine funktionierte! Immerhin gab es Liveticker, so wie zum Beispiel vom GP von Kanada an dem Tag.

Viel zu spät los, pünktlich da!

Wie fast immer bei Transatlantikflügen gab es trotz rechtzeitigem Boarding eine fast einstündige Verspätung. Die Landung erfolgte relativ pünktlich am LAX. 

An Bord gab es relativ zügig einen kleinen Snack mit Softdrinks. Anschließend gab es die Menükarte mit exquisiten Speisen. Klar spielte die Marketingabteilung hier eine größere Rolle als der Industriecaterer, aber dennoch ganz ansehnlich. Petra und ich wählten den Weißwein. Interessanterweise bekamen wir zwar zweimal die gleiche 300ml Weinflasche, einmal aus Frankreich und einmal aus Kalifornien. Naja, einem geschenkten Gaul, schaut man …

Danach gab es Langnese Kaktuseis – eine Prämiere für mich und das mit meinem Lieblingseis. Petra ist übrigens beim Dessert ausgeflippt – es gab ein GÜ Zitronen Cheesecake. Später gab es noch einen weiteren Imbiss. Außer Champagner, Wodka und Whisky konnte man an Bord nichts kaufen. Ausnahme waren die üblichen Schnapps- und Schmuckscheinangebote.

Fliegt man von Europa in die USA fliegt man praktisch mit der Zeit. Je nach Ziel entspricht die Landezeit oft sogar der Startzeit. Die knapp 9000 km nach Kalifornien wären also jederzeit bei prallem Sonnenschein gewesen. Der Dreamliner gaukelte einem jedoch eine Dämmerung mit Nacht vor. Dies geschieht durch elektronisch tönbare Scheiben. Die klassischen Fensterklappen gibt es dort nicht mehr. Man kann höchstens noch dunkler stellen.

Man glaubt immer, man fliegt den kürzesten Weg, der sich aus der Landkarte ergibt, doch gerade bei Fernreisen spielt die Erdkrümmung eine entscheidende Rolle. Man fliegt also nicht, wie anzunehmen einfach von London komplett nach Westen, Nein, man fliegt in einem Bogen über Grönland, Kanada und den Rocky Mountains nach L.A.. Übrigens sieht man vom Flieger aus Las Vegas, einfach gigantisch, wie Las Vegas einfach mitten in der Wüste steht.

Ich habe noch nie zuvor einen belebteren Flughafen als LAX gesehen. Die Flugzeuge fliegen parallel über hundert Kilometer mit minimalem Speed im 45 Sekunden-Takt in Los Angeles ein. Bei Nacht ähnelt diese Perlenkette am Himmel einem klassischen Autostau.

Die Zollabfertigung funktioniert am LAX relativ schnell. New York hingegen war ein Albtraum, dort standen wir fast eine Stunde an.

Ein interessantes Portfolio

Kurztrip: Unser aufregendes Wochenende in London

Auch bei den Flugzielen bietet virgin atlantic eine sehr interessante Auswahl. Neben allen Hotspots der USA und der Karibik, gibt es unter anderem auch Flüge nach Johannisburg, Delhi, Dubai oder Hong Kong. Fast alles startet hierbei von London Heathrow oder Gatwick aus. Von Hamburg aus gibt es leider keine Flüge mehr.

Da virgin atlantic allerdings zu Delta Air Lines gehört, kann es unter Umständen auch sehr interessante Code Sharings geben.

Auch die Gepäckbestimmungen sind durchaus passabel. Gerade bei Anschlussflügen sollte man aber genauestens die Regeln aller Fluggesellschaften ausgiebig studiert haben.

Man spürt noch Stolz und Anmut

Umso schlimmer musste es wohl gewesen sein, als es vor wenigen Monaten hieß, die Triebwerke aller Dreamliner müssten getauscht werden. Triebwerkshersteller Rolls Royce verbaute nicht intakte Triebwerke. Dadurch fielen nicht nur bei virgin atlantic zahlreiche Flüge aus. Um die Kapazitäten dennoch aufrecht zu erhalten, entschloss man sich dazu, einige ehemalige Air Berlin Airbusse einzusetzen. Nach einem kompletten Umbau des Innenraums und einer neuen Lackierung konnten so die Engpässe überbrückt werden.

Richard Branson verleiht der abgestumpften Luftfahrtindustrie ein wenig Glanz. Jedes einzelne Flugzeug wird durch ein Pin Up Girl verziert und trägt stolz den Slogan: Britain’s Flag Carrier! Verführerische Flugzeugnamen untermalen diesen Sexappeall. 

Wie schon zu vermuten war, ist virgin atlantic keine gewöhnliche Airline. Virgin ist mehr als nur Flugzeuge und Musik. Weltweit tauch das rot-weiße Logo immer wieder auf. Anfang der 2000er war Virgin durch halsbrecherische Abenteuermissionen immer wieder in den Schlagzeilen. Weltumrundungen mit einem Ballon, kommerzieller Weltraumtourismus oder gar ein eigenes Formel 1 Team – Virgin ist irgendwie allgegenwärtig. 

Was ist anders als bei anderen?

In Deutschland würde man es als inhabergeführt bezeichnen. Doch das klingt nicht sexy! Fakt ist, der Multimilliardär Richard Branson entscheidet noch selbst. Der Mann, der Thomas Gottschalk ähnelt und auf einer eigenen Insel in der Karibik lebt, weiß einfach, was ankommt, auch Flops wie Virgin Cola stoppen ihn nicht.

Keine Aufsichtsräte, Aktionäre oder ähnliches blockieren seine Visionen! Natürlich ist die Virgin Group eine moderne komplexe Unternehmensgruppe mit Anteilshabern und Mitentscheidern, doch scheint es Richard Branson nichts anzuhaben.

Es ist toll, wenn man einen Mann seine Visionen ausleben lässt. In Deutschland würde man vor lauter Neid seines Erfolges alles nur irgendwie mögliche unternehmen, um ihn schlecht aussehen zu lassen. Ohne hier zu weit auf ihn einzugehen, lohnt es sich auf jeden Fall, sich ein wenig mehr mit ihm zu befassen.

Und das hier ist nur eine ganz kleine Auswahl aller aktuellen und ehemaligen Virgin Gruppenmitglieder. Generell besteht die Virgin Group aus Fluggesellschaften und Unternehmen verschiedenster Branchen.

Klatschen bei der Langstrecke?!

Ja – klingt komisch, war aber so! Ok, der Grund hierfür war wohl noch außergewöhnlicher als das Klatschen selbst: Der Pilot absolvierte nämlich seinen zweiten Flug alleine! Die ältere perfekt in Szene gesetzte Stewardess hielt etwa 10min vor der Landung in Heathrow eine Danksagung.

Tipp: Zubringer von Luxembourg

Nach dem Air Berlin Aus gibt es für Fernreisen leider kaum noch interessante Angebote von Saarbrücken aus. Waren wir 2017 noch für 330,- € in unter 14 Stunden von SCN nach JFK geflogen, gibt es heute nur noch sehr teure Allianzen mit bmi regional über München. Da Luxair kaum noch an interessanten Allianzen beteiligt ist, fällt die Variante über Hamburg oder Berlin meist zu utopischen Preisen aus.

Umso interessanter bietet sich der LUX an. Nachdem wir bereits regelmäßig die Ryanair Strecke nach Stansted nutzen, ergab sich eine bis dahin unbekannte Möglichkeit an. Es gibt regelmäßig Top-Angebote zu sonst unbezahlbaren Zielen mit virgin atlantic über Heathrow. Dabei fliegt man mit British Airways zunächst nach Heathrow und von dort aus weiter. Klar merkt man auch bei diesem Kurzstreckenflug den Unterschied zwischen Ryanair und British Airways. Während man bei Ryanair beengt gewöhnlich für 15,- € pro Strecke nach London fliegt, gibt es bei British Airways eine sehr kühle Maschine mit freundlichem Service. Ein großer Vorteil liegt auch darin, dass sowohl British Airways als auch virgin atlantic den Terminal 3 nutzen. 

Für reine Londonflüge rate ich jedoch von British Airways ab. Nicht nur der Preis ist für unter einer Stunde Flugzeit um ein vielfaches teurer, sondern auch die deutlich schlechtere Lage von Heathrow. Mietwagenpreise sind im Vergleich zu Stansted auch deutlich teurer. easyjet fliegt sehr günstig nach Gatwick, aber hier kosten die Mietwagen etwa das dreifache. Will man mit Gepäck reisen, sollte man für circa 120,- € mit Luxair zum City Airport fliegen.

Allein dieses Jahr konnte ich auf den bekannten Deal-Webseiten Top-Angebote nach L.A. (300,- €), Johannisburg (330,- €) oder auch nach Miami (280,- €) finden. Wie ich las, gibt es wohl bundesweit ähnliche Möglichkeiten, sollte British Airways London von Deutschland aus anfliegen.

FROM LAX TO LUX

Auch der Rückflug war recht entspannt, alleinig eine indische Großfamilie kannte sich nicht mit den Gepflogenheiten an Bord eines Langstreckenfluges aus. Aber die Stewardess regelte es schließlich. Fast 9000 km sind eben auch im modernsten Flugzeug immer noch eine Menge Holz. 

Nach einigen Stunden Umsteigezeit ging es endlich zurück nach Luxembourg!